Pressemitteilung DEHOGA Saarland - Entscheidung Mindestlohnkommission
Ein Kompromiss mit Nebenwirkungen
DEHOGA Saarland sieht Entscheidung über Mindestlohn mit gemischten Gefühlen
Berlin/Saarbrücken. Am Nachmittag des 27. Juni 2025 zieht eine Entscheidung durch eine Branche, die aufmerksam hinschaut: Der gesetzliche Mindestlohn steigt Anfang 2026 auf 13,90 Euro, ein Jahr später auf 14,60 Euro. Zwei Stufen, die zusammen ein Plus von fast vierzehn Prozent bedeuten. Die Mindestlohnkommission hat damit keinen leichten Weg gewählt, aber einen gangbaren. Forderungen nach 15 Euro und mehr hätten die Belastungsgrenze vieler Betriebe endgültig überschritten – und wären in der aktuellen Lage nicht zu verantworten gewesen. Das Ergebnis belegt: Selbst in wirtschaftlich rauen Zeiten ist ein Kompromiss möglich, der sowohl die Interessen der Mitarbeiter als auch die Sorgen der Betriebe nicht aus dem Blick verliert. Was darüber hinaus zählt: Das Verfahren blieb frei von staatlicher Einflussnahme – und das ist elementar für die Tarif- und Lohnfindung in Deutschland. „Dass die Entscheidung im Schulterschluss der Sozialpartner und ohne politischen Einfluss getroffen wurde, ist ein wichtiges Signal. Die Festsetzung von Löhnen gehört in die Hände derer, die Verantwortung für Beschäftigte und Betriebe gleichermaßen tragen – nicht in den Strudel politischer Tagesdebatten“, betont Michael Buchna, der Präsident des DEHOGA Saarland e.V.
Wirtschaftlich toxische Mischung
Man darf aber auch nicht verkennen: Steigende Personalkosten treffen hier auf ein Fundament, das längst Risse zeigt. Und die neue Mindestlohnerhöhung legt ein zusätzliches schweres Gewicht auf die Schultern einer Branche, die seit geraumer Zeit um wirtschaftliche Stabilität kämpft. Rücklagen sind aufgebraucht. Betriebskosten klettern weiter. Investitionen bleiben aus. Gäste zeigen sich zurückhaltend. Unter diesen Bedingungen kann ein Lohnplus von fast 14 Prozent in zwei Jahren zum Kipppunkt werden. Seit 2022 stiegen die Arbeitskosten bereits um 34,4 Prozent. 2024 verzeichnete das Gastgewerbe das fünfte Jahr in Folge reale Umsatzverluste, zuletzt minus 13 Prozent gegenüber 2019. Sollte die gesamtwirtschaftliche Erholung ausbleiben, werden genau jene Arbeitsplätze unter Druck geraten, die in der Gastronomie traditionell Menschen mit geringer Qualifikation oder in Teilzeit Perspektiven geboten haben. Und damit verschwindet still und schleichend, was lange selbstverständlich schien: Arbeit für alle, die mitanpacken wollen. „Die Branche steht zu angemessenen Lohnerhöhungen, sofern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Jetzt ist die Bundesregierung am Zug: Sie muss die Entscheidung der Mindestlohnkommission respektieren, die sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen gesetzlich sichern und flankierende Entlastungen bei Bürokratie, Energie- und Sozialabgaben auf den Weg bringen. Wer höhere Löhne fordert, muss auch für die nötigen Voraussetzungen sorgen“, sagt Michael Buchna und macht deutlich: „Was die arbeitenden Menschen wirklich benötigen, ist mehr Netto vom Brutto statt einer neuen Lohn-Preis-Spirale."
Beschluss torpediert Tarifautonomie
Die neue Vorgabe verschiebt das Lohngefüge in eine Richtung, die tarifliche Vereinbarungen aushebelt. Bereits 2026 überholt das neue Mindestlohnniveau acht regionale Tarifverträge – das Saarland eingeschlossen. Die Entscheidung setzt zentrale Teile des erst im September des vergangenen Jahres ausgehandelten Tarifvertrags außer Kraft. Michael Buchna: „Wenn mühsam verhandelte Lohndifferenzierungen durch gesetzliche Eingriffe regelmäßig überrollt werden, verliert Tarifbindung ihren Reiz – für beide Seiten.“ Im Saarland war das Lohnabkommen ein ausgewogener Kompromiss, getragen von Augenmaß und Verantwortung. Nun steht dieses Ergebnis unter Druck. Das schwächt die tariflichen Absprachen und rüttelt an fein abgestuften Entgeltstrukturen. Der neue Beschluss ist ein Rückschlag für alle, die diesen Weg mitgetragen und gestaltet haben. Hinzu kommt: Ein gleicher Stundenlohn wirkt in starken und schwachen Regionen vollkommen unterschiedlich. München, Hamburg oder Düsseldorf verfügen über deutlich höhere Kaufkraft als Saarbrücken, St. Wendel oder Merzig. In strukturschwächeren Landesteilen gleicht jeder Cent Lohnanstieg einem Ruck an der Kostenleine, die ohnehin straff gespannt ist. Für das saarländische Gastgewerbe ist die Entscheidung daher ein schwerer Einschnitt. Sie ist nur dann verkraftbar, wenn zugleich die im Koalitionsvertrag zugesagte Verlängerung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent auf Speisen dauerhaft gesetzlich fixiert wird. Bleibt diese und auch andere Entlastungen aus, drohen weitere Betriebsschließungen, der Verlust von Ausbildungsplätzen und ein spürbar ausgedünntes gastronomisches Angebot im Land.