Pressemitteilung DEHOGA Saarland - Kritik an Einführung Bettensteuer in Saarbrücken
Weiterer Sargnagel für die Hotellerie in Saarbrücken
DEHOGA Saarland kritisiert Einführung der Bettensteuer aufs Schärfste
Saarbrücken. Schon die Art und Weise hatte einen bitteren Beigeschmack. Hier sollte etwas durchgedrückt werden, das man lieber nicht zu genau beleuchtet. Still, eilig und ohne Vorwarnung landete die sogenannte Bettensteuer auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung vom 4. November 2025 – zum dritten Mal nach den gescheiterten Anläufen von 2010 und 2022. Doch dieses Mal ging sie durch: Saarbrücken führt die Beherbergungssteuer ein. Ab dem 1. April 2026 sollen Hotels, Pensionen und private Anbieter pro Übernachtung 3,5 Prozent an die Stadtkasse abführen. „Die Einführung kommt zur Unzeit und trifft ausgerechnet die Hotels, die ohnehin ums wirtschaftliche Überleben ringen“, sagt Michael Buchna. Denn der Präsident des DEHOGA Saarland e.V. weiß: Betroffen sind vorwiegend inhabergeführte Familienbetriebe – jene Häuser, die Saarbrückens Charme ausmachen. Sie arbeiten mit schmalen Margen und kämpfen längst mit steigenden Energiekosten, Fachkräftemangel und sinkender Nachfrage im Geschäftsreisetourismus. „Wenn diese Betriebe verschwinden, verliert die Landeshauptstadt ein Stück ihrer Seele. Der Stadtrat hat über eine Abgabe entschieden, deren Folgen weder nachvollziehbar noch fair sind“, ist Buchna verärgert.
Viel Papierkrieg, wenig Marge
Zwar soll die Steuer formal der Gast zahlen, doch die Folgen treffen die Betriebe direkt. In der Praxis lässt sich die Abgabe oft gar nicht weiterreichen. Der Grund: Der Großteil der Übernachtungen entfällt auf Geschäftsreisende, deren Preise über feste Kontingente verhandelt sind. Die zusätzlichen 3,5 Prozent bleiben also beim Hotel hängen. Dazu kommt der bürokratische Ballast – in einer ohnehin bis ins Detail regulierten Branche. Hoteliers schätzen den administrativen Mehraufwand auf über 60.000 Euro jährlich. Und das Absurde daran: Im Jahr 2026 sollen Meldebögen, Erklärungen und Nachweise immer noch auf Papier eingereicht werden. „Das ist wirklich ein Witz“, kommentiert Buchna trocken. Doch es geht nicht nur um Formulare, sondern um Vernunft. Eine Kosten-Nutzen-Analyse? Fehlanzeige! Niemand konnte bisher aufzeigen, wie die Stadt sicherstellen will, dass die Verwaltungskosten nicht höher ausfallen als die erwarteten Einnahmen. Ganz zu schweigen von möglichen Rückgängen bei den Buchungen. So wird aus einem politischen Beschluss schnell ein wirtschaftlicher Bumerang. „Dabei steht Saarbrückens Hotellerie ohnehin unter Druck: Es herrscht ein gnadenloser Preiskampf, der kaum Spielraum lässt. Große Ketten können Verluste an einem Standort durch Gewinne anderswo ausgleichen – die kleinen Familienbetriebe nicht“, weiß der DEHOGA-Präsident. Zwar steigen die Übernachtungszahlen, doch die glänzende Statistik täuscht über düstere Bilanzen hinweg. Im Bundesvergleich liegt Saarbrücken weit hinten: Der durchschnittliche Umsatz pro verfügbarem Zimmer beträgt 52 Euro, bundesweit sind es 75 Euro – also rund 30 Prozent weniger Ertrag bei identischen Kosten. Der Spielraum für zusätzliche Belastungen ist damit faktisch aufgebraucht. Besonders kritisch: Der Geschäftsreisetourismus als Rückgrat des Saarbrücker Beherbergungsmarkts schwächelt. Industrie und Dienstleister kürzen Reisebudgets, Homeoffice und digitale Meetings verändern Gewohnheiten dauerhaft. Gleichzeitig ist das Angebot gewachsen: Allein in den vergangenen fünf Jahren sind vor Ort rund 1.600 neue Hotelbetten entstanden. In diesem Verdrängungswettbewerb eine zusätzliche Abgabe einzuführen, gleicht einem Brandbeschleuniger. Einer, der bei den kleinen Hotels wütet.
Steuern kassieren, Schatten tolerieren
Während die Stadt also jene besteuert, die sichtbar und transparent wirtschaften, bleibt der wachsende Schattenmarkt über Plattformen wie Airbnb weitgehend unbehelligt. Ganze Häuser werden dort an Touristen vermietet – oft steuerfrei, ohne Kontrolle. Konservative Schätzungen gehen hier von 500 Angeboten privater Vermietung aus. „Gegen diesen Wildwuchs vorzugehen wäre mühsam, jedoch nötig. Stattdessen belastet man die Hotels, die ohnehin schon alles offenlegen müssen. Das ist leichter, aber nicht gerechter“, weiß Michael Buchna. Während andere Städte längst digitale Verwaltungsprozesse einführen und Tourismusstrategien modernisieren, greift die Landeshauptstadt zum altbekannten Werkzeugkasten: neue Abgaben, mehr Papier, wenig Plan. Ein Blick über die Stadtgrenzen zeigt den nächsten Widerspruch: In Neunkirchen, Saarlouis oder im benachbarten Frankreich gibt es keine Bettensteuer – ein klarer Wettbewerbsnachteil für Saarbrücken. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Firmen und Privatreisende ausweichen werden. So zeigt die Entscheidung des Stadtrats die groteske Kluft zwischen politischem Anspruch und wirtschaftlicher Realität. Die Stadt fordert bezahlbaren Wohnraum und mehr Unterstützung für den Mittelstand. Gleichzeitig belastet sie genau jene, die beides ermöglichen: Arbeitgeber und Gäste, die Geld in der Stadt lassen. Offiziell begründet die Stadt den Schritt mit steigenden Übernachtungszahlen und dem Ziel, die Tourismusförderung zu stärken. Doch die Beherbergungssteuer ist nicht zweckgebunden – das Geld kann also auch in andere Haushaltslöcher fließen. Jedoch ist es nicht die Aufgabe der Hotellerie, die Haushaltsprobleme der Landeshauptstadt zu lösen. Die Stadt will schon im ersten Halbjahr 2026 erste Einnahmen aus der Steuer verbuchen. Der wirtschaftliche Effekt des neuen Tourismuskonzepts soll jedoch frühestens drei Jahre später eintreten. Das grenzt an politische Ironie. Man verkauft Hoffnungen, wo Realität gefragt wäre. Dass sich auch die CDU dem Beschluss anschloss, sorgt für zusätzlichen Unmut. „Gerade von einer Partei, die den Mittelstand im Programm führt, hätten wir Rückgrat erwartet“, betont Michael Buchna.
Mehr Schaden als Steuer
In Zahlen gegossen sieht das Desaster so aus: Während andere Städte ihre Hotellerie gezielt stärken, schwächt Saarbrücken eine seiner wichtigsten Branchen. Und riskiert so einen klaren Wettbewerbsnachteil – wirtschaftlich, strukturell und im Image. Der Geschäftsreisetourismus wird weiter erodieren. Und das in einer Phase, in der Industrie und Handel ohnehin mit angezogener Handbremse fahren. Am Ende könnte die Bettensteuer genau das bewirken, was sie angeblich verhindern soll: weniger Gäste, weniger Einnahmen, weniger Vielfalt. Ein teures Experiment, bezahlt von denen, die längst am Limit sind. „Diese Steuer ist kein Beitrag zur Tourismusförderung, sondern ein weiterer Sargnagel für eine Branche, die Saarbrücken lebendig hält“, fasst Michael Buchna zusammen. Am Ende bleibt ein Beschluss, der mehr Fragen aufwirft, als er Antworten liefert. Und ein bitterer Nachgeschmack, der sich so schnell nicht verflüchtigen wird.